Ein Mann lächelt in die Kamera

Jan Lindenau ist Bürgermeister der Hansestadt Lübeck und Schirmherr der Kampagne "Sieben Türme will ich sehen". Copyright: Stefan Schenk

Lübeck ohne sieben Türme: "Das wäre ein Zeichen des Niedergangs"

Lübecks Bürgermeister Jan Lindenau will 2024 die geplante Stiftung 7Türme+ aktiv unterstützen. Zugleich wünscht er sich mehr Engagement vom Land.

Seit vielen Jahren unterstützt Bürgermeister Jan Lindenau (SPD) als Schirmherr die Kampagne "Sieben Türme will ich sehen". Gemeinsam mit Stadtpräsident Henning Schumann (CDU) erarbeitet der Verwaltungschef für 2024 eine Vorlage für die Bürgerschaft, die geplante Stiftung 7Türme+ auch von städtischer Seite bei der Erhaltung von Türmen und Kirchenschiffen zu unterstützen. Vom Land Schleswig-Holstein wünscht er sich unterdessen mehr Engagement für Lübecks weltberühmte Altstadtkirchen. Ein Interview. 

Interview mit Lübecks Bürgermeister Jan Lindenau

Sie engagieren sich seit vielen Jahren als Schirmherr der Sieben-Türme-Kampagne. Warum eigentlich? Weil es von Ihnen als Bürgermeister der Hansestadt Lübeck verlangt wird?

Jan Lindenau: Nein, weil es mir ein Anliegen ist, diese stadtprägende Silhouette meiner Heimatstadt zu erhalten. Sie ist identitätsstiftend und echte Stadtgeschichte. Lübeck ohne sieben Türme wäre wie Lübeck ohne Holstentor – undenkbar!

Im Kern gibt es zwei Botschaften: Die Türme sind sanierungsbedürftig und es wird Geld, viel Geld benötigt. Diese Botschaft begleitet die Menschen in dieser Stadt seit vielen Jahren. Setzt da nicht eine Art der Gewöhnung ein?

Jan Lindenau: Ich erlebe viel Engagement von Menschen innerhalb unserer Stadt und Unterstützung von außerhalb. Ich finde, es hat die Gewöhnung eingesetzt, dass man sich dauerhaft für den Erhalt dieses Denkmalerbes einbringen muss. Immer wieder gibt es neue, kreative Ideen, wie wir Geld zum Erhalt der Türme einsammeln können.

Es gibt vielfältige Aktionen. Von privaten Initiatoren, von Stiftungen, von Politik, vom stationären Einzelhandel, von der Kirche. Nur reicht das offenkundig nicht aus. Welches Potenzial sehen Sie in der geplanten Stiftung?

Jan Lindenau: Die geplante Stiftung zur Unterstützung der Sanierung der Türme und Kirchenschiffe ist erstmalig der Ansatz, die Finanzierung der Denkmale dauerhaft und nachhaltig zu sichern. Und der Stiftungsgedanke passt hervorragend zu Lübeck, wo seit der Hansezeit das Stiftungswesen Tradition hat. Es braucht alle, die in der Lage sind etwas zu geben, um die Stiftung groß zu machen. Kleinere wie größere Beträge.

"In Lübeck hat Stiftungswesen Tradition"

Auf Bundes- und europäischer Ebene ist das politische Engagement für die sieben Türme groß. Wie bewerten Sie dies aus Landesebene? Wünschen Sie sich da mehr Einsatz?

Jan Lindenau: Einsatz sehe ich auch hier. Nur die Ergebnisse sind im Vergleich zu allen anderen Akteuren etwas zurückhaltend. Bei einem Landeshaushalt von fast 17 Milliarden Euro pro Jahr ist es schwer zu verstehen, weshalb Unterstützung im Vergleich zu anderen öffentlichen Geldgebern eher gering ausfällt. In anderen Bundesländern ist es nicht unüblich, wenn der Bund eine Förderung von zum Beispiel 50 Prozent zusagt, dass mindestens weitere 25 Prozent vom Land getragen werden. In Schleswig-Holstein leider nicht.

Vorlage für die Bürgerschaft in Planung

In den kommenden zehn, 20 Jahren werden nicht wenig finanzielle Anstrengungen von Nöten sein, die sieben Türme zu bewahren. Welche Rolle kann dabei der Bürgermeister und welche Rolle sollte die Bürgerschaft dabei einnehmen?

Jan Lindenau: Ein Bürgermeister kann natürlich auch um weitere Fördermittel und Sponsoren werben, wie ich es als Schirmherr der Aktion „Sieben Türme will ich sehen“ gern tue. Auch stehe ich im Gespräch mit den politischen Mandatsträgern in Lübeck und darüber hinaus. Gemeinsam mit dem Stadtpräsidenten beabsichtige ich im neuen Jahr 2024 eine Vorlage der Bürgerschaft entgegenzubringen, um im Rahmen der Stiftungsgründung die Sanierung der Türme und Kirchräume auch aus dem städtischen Haushalt zu unterstützen. Und ich erinnere mich gern an Aktionen gemeinsam mit den Mitgliedern der Bürgerschaft, als wir im Rahmen des Weihnachtsmarktes zusammen für die Sanierung der Türme gesammelt haben. Ein wichtiges Signal, dass der Erhalt der Stadtsilhouette eine gemeinsame Aufgabe ist.

Sie sagen, dass für Sie eine Lübecker Altstadt ohne die sieben Türme unvorstellbar wäre. Aber warum?

Jan Lindenau: Ganz einfach: Weil dies ein Zeichen des Niederganges unserer altehrwürdigen Hansestadt wäre. Unsere Vorfahren waren in der Lage, diese imposanten Bauwerke zu errichten. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren die Menschen in der Stadt in der Lage, die Türme wieder aufzubauen und wir sollen im 21. Jahrhundert nicht mehr dazu in der Lage sein, die Türme zu erhalten?

Interview: Bastian Modrow